Kikeriki-Theater: Wie das mit den Nibelungen wirklich war

am . Veröffentlicht in 2010

Siegfried war in Mörlenbach auf Einladung der SVM-Fußballabteilung unterwegs. Bild: Gutschalk

Mörlenbach. Die Aussage eines sichtlich erschöpften Zuschauers in der Pause brachte es auf den Punkt: "Ich habe noch nie in einem Theater so gelacht." Das Gastspiel des Darmstädter Kikeriki-Theaters im an drei Abenden ausverkauften Mörlenbacher Bürgerhaus mit "Siegfrieds Nibelungenentzündung" glich einer Art urhessischer Naturgewalt, der sich auch der größte Humorbanause nicht zu entziehen vermochte.

Dabei wird der südhessischen Mundart in ihrer derbsten Art gefrönt und auch der ein oder andere Griff in untere Schubladen nicht gescheut. Es war, als hätten sich sämtliche hessischen Comedy-Knalltüten wie "Badesalz", "Mundstuhl" und vielleicht noch Bodo Bach auf der Bühne versammelt, um zum Ertönen des Narhallamarsches endlich den "Ring der Nibelungen" aufzudecken und vor allem einen "völlig verblondeten" Siegfried von seinem Heldensockel zu stürzen. Dazu gehörte auch, dass der blonde Recke den Drachen nicht erlegte, sondern ihm erlag, war doch der genoppte, grüne Lindwurm mit der roten Beatles-Frisur, eine näselnde Tunte. "Siegfrieds Nibelungen-Entzündung" räumte also mit so manchem deutschen Helden-Epos auf. Schon das mit allerlei ritterlichen Komikfiguren bemalte Bühnenbild lässt Skurriles ahnen. Zu mittelalterlicher Musik tänzeln drei strumpfbehoste Knappen mit Schnabelschuhen auf die Bühne und die Narrenkappe von Siegfrieddarsteller und Theaterleiter Roland Hotz deutet an, dass es mit der Heldenhaftigkeit des stotternden Recken aus Xanten nicht allzu weit her ist, als er sich von Siegmund, seinem Erzeuger, verabschiedet: "Isch mach’ fort, Vadder".
Der vierte im Bund der Komödianten ist ein "seniler, inkontinenter Mönch" (Manfred Schmidt), der zum Klavier schlurft und den kurzen Lebensreigen des Nibelungenhelden musikalisch begleitet. Zum eigenwilligen Stil des Kikeriki Theaters gehört auch, dass die Rollen sowohl von Schauspielern als auch durch von ihnen geführte Stockpuppen gespielt werden. Dabei ist die Puppe eine dreidimensionale Karikatur, die bewusst bis zur Irrwitzigkeit überzeichnet wird.
Jede Puppe ist von den Spielern gemeinsam als Unikat hergestellt worden und bei genauerem Hinsehen entdeckt man allerlei vertraute Küchenutensilien wie Siebe, Reiben, Kochlöffel oder gar zwei Taschenlampen. Letztere hielten für die bombastische Oberweite Gunthers peitschenschwingender Domina "Brunhild" her.
Zwerg Alberich, der nur aus Nase bestehende Giftmischer, der in einer "siebenundsechzig Quadratmeter Wohnung der Wohnungsbaugesellschaft mit Gärtsche" haust, sorgt für Siegfrieds Unsichtbarmachung. Der wird wiederum in seiner menschlichen Bühnengestalt plötzlich mehr "Siegheil" als Siegfried: "Heute ,gehörrt‘ uns Deutschland". Da kommt es dann schon vor, dass sich der ein oder andere Zuschauer für einen Moment an seinem Dauerlachen verschluckt.

Im Drachenblut badete Siegfried entgegen der Nibelungensage nicht und so gab es auch keine verwundbare Stelle, in die der meuchelnde Hagen seinen Speer hätte hineinstoßen können. Nein - "Kikeriki" sieht ein allzu aktuelles Verenden des blonden Recken vor, nämlich eine Überdosis von dem "gude Säftsche", das ihm Zwerg Alberich verpasst, der in Wirklichkeit nichts anderes als ein gewöhnlicher Drogenhändler ist. So endet die Mär um Männlichkeit und Ritterehre nicht besonderes ritterlich. Am Ende gibt es Begeisterungspfiffe und lautstarke Zugabenrufe. Doch Siegfried noch mal sterben lassen? Da konnten sich unsere sympathischen, mittelalterlichen Gaukler nur mit unzähligen Verbeugungen bedanken. rav

SV Mörlenbach 1896 e.V.
Geschäftsstelle: Schulstraße 2/Clubhaus im Stadion · 69509 Mörlenbach
Postfach 1323 · 69505 Mörlenbach
E-Mail: sv-moerlenbach@t-online.de
Tel.: 0 62 09 / 52 90 · Fax: 0 62 09 / 53 01

     
 

© 2014 SV Mörlenbach. Alle Rechte vorbehalten.